Mit innerer Klarheit ins Gespräch

«Mein Nachbar will meinen Baum stutzen, denn die Blätter verschmutzen Auto und Parkplatz. Er hat sogar mit dem Gericht gedroht. Seither schlafe ich unruhig. Ich möchte eine Aussprache. Was soll ich beachten?»

Irene Wegmann, Mediatorin SDM, mediatorin-wegmann.ch

Bei einer Aussprache geht es darum,Vertrauen aufzubauen. Wichtig ist jetzt, dass Sie Ihre eigenen Anliegen anerkennen und im Fokus behalten. Es braucht innere Klarheit, um gleichzeitig wertschätzend und sachlich zu bleiben. Folgende vorbereitenden Fragen helfen dabei.
Welches sind Ihre Anliegen? Zum Beispiel möchten Sie wieder schlafen und im Sommer in einem schattigen, biodiversen Garten sitzen. Formulieren Sie Bedürfnisse so, dass Sie beim Nachbarn keinen Widerstand auslösen werden. Überlegen Sie darüber hinaus, was Sie selbst tun können, um Ihre Anliegen zu erfüllen. So erkennen Sie, wie wichtig für Sie eine Einigung überhaupt ist.
Welches sind mögliche Anliegen des anderen? Schätzen Sie nebst den Sachanliegen ab, wie wichtig dem Nachbarn eine gute Beziehung ist. Je wichtiger diese ist, desto eher könnten Themen wie Respekt und Kommunikation Teil der Aussprache sein. Markieren Sie mögliche Anliegen des Nachbarn, die Sie akzeptieren können. Brainstormen Sie dann, welche Angebote Sie dem Nach- barn unterbreiten könnten, die Sie später nicht bereuen.
Welche Gesprächsverläufe erwarten Sie und wie ver- halten Sie sich? Spielen Sie für sich Szenarien durch. Halten Sie eine Notfallstrategie parat, um das Gespräch freundlich pausieren oder abbrechen zu können.
Wer könnte einbezogen werden? Holen Sie Wissen zur Lösungsfindung ein und erkundigen Sie sich über Grenzabstände, Baumpflege usw.
Wie, wann und wo wollen Sie zum Gespräch einla- den? Eine angenehme Atmosphäre erleichtert die Aussprache.
Wenn Sie Ihren Handlungsspielraum kennen, können Sie den Nachbarn im Gespräch eher nach seinen Anliegen fragen: «Was ist dir wichtig daran, dass…?» Der Weg zu den Lösungen führt über die gemeinsamen An- liegen.